
Warum wir Facebooks Instant Articles testen
Im April hat Facebook im Rahmen seiner jährlichen F8-Konferenz seine Instant Articles für alle Seitenbetreiber freigegeben. Im Juni erklärte Will Cathcart, VP Product Management bei Facebook, in einem Interview mit Horizont, dass das neue Vermarktungsmodell für Publisher sehr gut angenommen würde. Und Ende Juni kündigte der Social Media-Riese an, auch noch den „Gefällt mir“-Button für Inhalte, die direkt auf Facebook gespeichert werden, in Instant Articles zu integrieren. Facebooks Instant Articles sind also auf einem guten Weg, sich durchzusetzen. Grund genug, sich einmal intensiver mit dieser neuen Social Media-Spielart für Medieninhalte auseinanderzusetzen und Instant Articles selbst auszuprobieren.
Mobilgeräte spielen in den sozialen Netzwerken eine immer wichtigere Rolle. Das gilt speziell für Facebook, das sich über 1,44 Milliarden Mobil-User im Monat freuen kann (Stand: 31. Dezember 2015). Und das ist längst nicht alles – mehr als die Hälfte aller Facebook-Nutzer greifen exklusiv über Mobilgeräte auf die Seite zu (Stand: Januar 2016). In Deutschland nutzen Stand Februar 2016 von insgesamt 28 Millionen Nutzern 24 Millionen Menschen das Social Media-Netzwerk mobil – also satte 85 Prozent aller Nutzer. Das sind ganz schön viele Leute – und viele Telefone.
Stark visuell orientierte Inhalte wie Bilder oder Social Media-Videos gewinnen eindeutig an Bedeutung, doch Links sind nach wie vor ein integraler Bestandteil von Social Media-Inhalten. Auf Mobilgeräten kann es sein, daß diese Links nur langsam laden; das beeinträchtigt die Benutzererfahrung. Aus diesem Grund hat Facebook seine neue Funktion Instant Articles entwickelt: Jetzt können auch Facebook-User mit Mobilgeräten problemloser Artikel lesen.
Instant Articles sind schnell ladende Versionen von Artikeln aus dem Web, zu deren Lektüre die Nutzer auf der Facebook-Site bleiben können, statt einem Link auf eine andere Website zu folgen. Laut Facebook ist die Funktion „eine neue Methode für Herausgeber, schnelle, interaktive Artikel zu erstellen.“ Instant Articles werden in den Link-Vorschauen von Facebook durch ein Blitzsymbol angezeigt und laden bis zu zehn Mal schneller als die meisten für Mobilgeräte optimierten Websites.
Zudem zeichnen sich die Instant Articles durch eine Reihe interaktiver Elemente aus – zum Beispiel vergrößer- und drehbare Bilder, automatisch abgespielte Videos, interaktive Landkarten, Audio-Bildunterschriften sowie die Möglichkeit, einzelne Passagen innerhalb des Artikels mit „Gefällt mir“ zu markieren und zu kommentieren. Facebook nennt das stolz „ein schnelleres und schöneres Leseerlebnis auf Facebook“.
Zum offiziellen Start des Instant Articles-Programm im Mai 2015 hatten sich neun Verlagspartner der Initiative angeschlossen: die New York Times, National Geographic, BuzzFeed, NBC, The Atlantic, The Guardian, BBC News, Spiegel und BILD. Im vergangenen Jahr hat Facebook mit „ein paar hundert Publishern aus aller Welt“ daran gearbeitet, die neue Funktion noch weiterzuentwickeln und zu verbessern. Und im Februar 2016 kündigte das Social Media-Unternehmen dann an, am 12. April seine Funktion Instant Articles für alle Herausgeber zu öffnen.
Wir bei Hootsuite beschlossen daraufhin, es selbst einmal mit diesem „neuen großen Ding“ von Facebook zu versuchen.
Warum wir Facebooks Instant Articles ausprobieren
Verbesserte Benutzererfahrung
Foto: Facebook
Das wichtigste Element der Instant Articles steht schon deutlich im Namen der neuen Funktion: instant – also sofort. Mit seiner neuen Publikationsmöglichkeit zielt Facebook darauf ab, mobilen Nutzern eine schnellere, zugänglichere und im Endeffekt angenehmere Benutzererfahrung zu liefern. Instant Articles laden nicht nur schneller, sondern zeichnen sich auch durch Rich-Media-Elemente wie automatisch abgespielte Videos und Bilder aus, die man auf dem Touchscreen problemlos vergrößern oder drehen kann. Auch dadurch verbessert sich die Nutzererfahrung.
Wenn es um Social Media geht, heißt es für uns up-to-date bleiben
Hootsuite ist im Kern ein Social Media-Unternehmen. Daher ist es für uns als Marke auch so wichtig, immer zu wissen, was in den sozialen Medien gerade passiert und angesagt ist. Wir wollen stets zu den ersten Anwendern gehören, wenn es neue Funktionen und Updates auf den diversen Social Media-Plattformen gibt. Nur so können wir unsere Leser und Kunden rechtzeitig über die jeweiligen Best Practices informieren.
So sieht ein Facebook Instant Article in Ihrem Newsfeed aus. Screenshot: Facebook
Wir haben hier ähnliche Überlegungen angestellt wie die New York Times. Mark Thompson, Präsident und CEO der New York Times Company, sagte zur Entscheidung, Instant Articles-Verlagspartner zu werden: „Die New York Times hat bereits heute viele Leser auf Facebook – und deren Anzahl nimmt stetig zu. Wir machen bei Instant Articles mit, um zu sehen, ob sich dadurch die Anzahl der Times-Nutzer auf Facebook erhöht, und ebenso, ob sich das Lesererlebnis bei unserer Art des Journalismus verbessern wird und die Leser stärker mit uns interagieren. Wir haben eine langjährige Tradition darin, die Leser dort abzuholen, wo sie gerade sind – und das bedeutet für uns, dass wir nicht nur über unsere eigenen Seiten erreichbar sind, sondern auch auf den Social Media-Plattformen, die von vielen der derzeitigen und potenziell künftigen Times-Nutzer häufig besucht werden.“
Potenzial für mehr Reichweite und Engagement
Im Rahmen seiner F8-Konferenz am 12. April gab Facebook bekannt, dass Instant Articles ab sofort für alle Publisher verfügbar seien. Das Social Media-Unternehmen lieferte auch Zahlen zum bisherigen Erfolg der relativ jungen Funktion.
Instant Articles werden nicht nur um 20 Prozent häufiger angeklickt als der durchschnittliche für Mobilgeräte optimierte Artikel, sondern auch um 30 Prozent öfter geteilt. Hinzu kommt, dass die Leser länger dabei bleiben; die Wahrscheinlichkeit, dass ein Nutzer einen Instant Article nicht fertigliest, ist um 70 Prozent geringer, weil die Ladezeiten hier wesentlich kürzer sind.
Bild: Facebook
Josh Roberts, Produktmanager bei Facebook, schrieb im Blog-Beitrag zur Ankündigung: „Wir konnten deutliche Anzeichen dafür beobachten, dass Instant Articles den Leuten ein besseres Leseerlebnis bieten und zudem zu einem deutlichen Anstieg der User-Zahlen für Herausgeber geführt haben, die ihr Zielpublikum auf Facebook erreichen wollen.“
Die verbesserte Möglichkeit zum Teilen ist direkt ins Design von Instant Articles integriert: Hinter der „Teilen“-Schaltfläche in der rechten oberen Ecke verbirgt sich die Möglichkeit, den jeweiligen Artikel schnell und problemlos auf mehrere Arten in den sozialen Medien zu teilen. Bei normalen Web-Artikeln stehen dem User die Optionen „In einem neuen Beitrag teilen“, „Als Nachricht senden“ und „Link kopieren“ zur Verfügung; mit Instant Articles kommen noch „Für später speichern“, „In Safari öffnen“, „E-Mail“, „Twitter“ und „Pinterest“ hinzu.
Die beiden Screenshots (© Facebook) zeigen die „Teilen“-Optionen bei einem normalen Web-Artikel für Mobilgeräte (links) im Vergleich zu denen bei einem Instant Article (rechts).
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit (die von Facebook allerdings noch nicht bestätigt wurde), dass der Facebook-Algorithmus Instant Articles den Vorzug geben wird, wenn er festlegt, welchen Content die Nutzer zu sehen bekommen. Es wäre nicht das erste Mal – das Unternehmen hat erst vor kurzem seinen Algorithmus aktualisiert, um Live Videos bevorzugt sichtbar zu machen. In dieser Aktualisierung wurde Live Video als neue Content-Form (also im Unterschied zu normalen Videos) identifiziert; dann passte man den Algorithmus so an, dass er Live Videos bevorzugt – vor allem, wenn sie tatsächlich live gesendet werden.
In einem Blog-Post vom März 2016 erklärte Facebook: „Als ersten Schritt machen wir ein kleines Update im Newsfeed, sodass Facebook Live Videos mit höherer Wahrscheinlichkeit weiter oben auftauchen, wenn die betreffenden Videos tatsächlich live sind – im Vergleich zu Videos, die nicht mehr live sind. (…) Der Grund dafür: Facebook Live Videos sind zum Zeitpunkt der Ausstrahlung interessanter sind als nachträglich.“
Aufgrund dieses Präzedenzfalls ist es leicht vorstellbar, dass Facebook seinen Newsfeed-Algorithmus demnächst auch zugunsten von Instant Articles aktualisieren wird, weil diese Content-Form die Benutzererfahrung verbessert. Sollte das tatsächlich eintreffen, dann könnten wir mit dem Einsatz von Instant Articles unsere Reichweite erhöhen.
Bedenken wegen Instant Articles
Möglicherweise niedrigere Zugriffszahlen
Unsere Hauptsorge (und die vieler anderer Publisher) in Sachen Instant Articles: Die neue Content-Form könnte den Traffic auf unserer Website senken. Wir haben daher für unseren Instant Articles-Test eine „Alarmzahl“ von fünf Prozent festgelegt. Sollten die Zugriffszahlen um mehr als fünf Prozent sinken, werden wir überdenken, ob Instant Articles wirklich zu unserer Publikation passen. Bleiben die Zugriffszahlen aber unterhalb der Fünf-Prozent-Grenze, gehen wir davon aus, dass die positiven Auswirkungen (so vorhanden) auf unsere Social Media-Reichweite und die Anzahl der geteilten Beiträge die niedrigeren Zugriffszahlen ausgleichen.
Weitere Kriterien bei unserer Entscheidung
Es gab auch noch ein paar andere Faktoren, die zwar keine Gründe waren, sich für oder gegen Instant Articles zu entscheiden, die wir aber trotzdem in unsere Überlegungen einbezogen haben.
WordPress-Plug-in
Kurz nach der Verlautbarung, dass Instant Articles nun allen Herausgebern zur Verfügung stehen, gab Facebook die Einführung eines WordPress-Plug-ins für Instant Articles bekannt, das „es Herausgebern erleichtert, ihre Inhalte auf Facebook zu teilen“.
Ein Instant Article von Foreign Policy, der mit dem WordPress-Plug-in erstellt wurde. Bild: Facebook
Das kostenlose Plug-in vereinfacht den Vorgang der Erstellung und Veröffentlichung von Instant Articles im Backend des Content-Management-Systems eines Publishers. Da unsere Website auf WordPress läuft, fanden wir dieses Feature sehr hilfreich – weil es bedeutete, dass wir kein eigenes, auf HTML5 und RSS basierendes Veröffentlichungssystem für Instant Articles einrichten mussten.
Analytics
Facebook will für Instant Articles sowohl den Zugang zu eigener Analytics-Software als auch zu Analytics-Diensten anderer Anbieter zur Verfügung stellen. In einem Blog-Beitrag erklärte das Social Media-Unternehmen: „Herausgeber können ihre bestehenden web-basierten Analytics-Systeme oder die von Drittanbietern nutzen, um festzustellen, wie oft ihre Artikel angeklickt und gelesen werden. … Wir haben es Herausgebern leicht gemacht, bei Instant Articles einzusteigen, indem wir ein System erstellt haben, das auf den Tools aufbaut, die sie bereits benutzen.“
Um Content- und Zielgruppen-Analytics zu betreiben, können Publisher ihre bereits vorhandenen web-basierten Analytics-Dienste nutzen oder sich für andere Anbieter wie Google Analytics, Omniture oder comScore entscheiden, um zu sehen, wie gut ihre Artikel abschneiden.
Die Instant Article-Analytics von Facebook. Bild: Facebook for Developers
Zusätzlich können Herausgeber, die bei Instant Articles mitmachen, die Leser-Interaktionen mit Hilfe des Facebook-eigenen Tools zur Content-Analyse verfolgen. Das erlaubt es ihnen, die Gesamtaktivität der User zu beobachten, Artikel-Reichweite und -Engagement zu messen, die für jeden Artikel aufgewendete Zeit und Scroll-Tiefe zu ermitteln und festzustellen, wie sehr die Nutzer mit den Rich-Media-Elementen interagieren. Zudem können die Herausgeber die mittels der Seiten- und Domain-Statistiken von Facebook gesammelten Daten einsehen und so herausfinden, wie bei den Besuchern ihrer Seite bzw. Domain die Verteilung nach Alter, Geschlecht, Sprache und Standort aussieht – wobei zwischen Daten aus dem Web und solchen aus Facebook differenziert wird. In einem FAQ auf Facebook Developers zum Thema Instant Articles heißt es: „Ziel von Facebook ist es, dieselben Daten zu liefern, die ein Publisher auch sonst über die Besucher auf ihren mobilen Webseiten erhält.“
Die Tatsache, dass wir unser eigenes Analytics-System und zusätzlich die Facebook-Statistiken nutzen können, um den Erfolg der Instant Articles zu messen, hat unsere Entscheidung stark beeinflusst.
Geteilte Umsätze
Facebook bietet den Herausgebern zwei verschiedene Möglichkeiten an, mit dem Instant-Articles-Programm Geld zu verdienen. Sie können entweder ihre eigenen Anzeigen platzieren und dafür 100 Prozent der Einnahmen kassieren – oder sie nutzen das Audience Network von Facebook, um Werbung zu schalten und 30 Prozent der Erlöse an das soziale Netzwerk abzugeben. Facebook erläutert diese Gewinnaufteilung wie folgt: „[Publisher] haben die Möglichkeit, ihre eigenen, selbstverkauften Anzeigen einzubringen, 100 Prozent der Erträge zu behalten und alle relevanten Daten über die Ads über ihre bestehenden Anzeigen-Messsysteme zu verfolgen; oder sie monetarisieren ihre Inhalte durch das Facebook Audience Network.“
Da unsere Website werbefrei ist und wir auch nicht nach einer Methode gesucht haben, unsere Instant Articles zu monetarisieren, spielte diese Überlegung für unsere Entscheidung keine Rolle – aber es ist doch gut zu wissen, dass es die Möglichkeit gibt.
Nur auf Mobilgeräten
Ein wichtiger Punkt: Selbst wenn man Instant Articles aktiviert hat, wird man als Facebook-User, der nicht von einem Mobilgerät zugreift, nach wie vor auf die Web-Version des betreffenden Artikels umgeleitet – wie gehabt. Nur Facebook-User, die mit Mobilgeräten (und beispielsweise der Facebook-App) auf die Website zugreifen, bekommen die Instant Articles zu sehen. Wer vor einem Desktop-Computer sitzt, für den ändert sich nichts; Instant Articles tauchen hier nicht auf.
Ein für Mobilgeräte optimierter Web-Artikel (links) im Vergleich mit einem Instant Article (rechts). Bild: Facebook
Da mehr Desktop-Anwender als Mobilgerät-Websurfer Hootsuite nutzen (was wahrscheinlich an der Thematik unserer Website liegt, die eher während der Arbeitszeit besucht wird), rechnen wir nicht damit, dass sich Instant Articles insgesamt negativ auf unsere Seitenzugriffe auswirken.
Instant Articles im Test
Wir haben vor, Facebooks Instant Articles einen Monat lang auszuprobieren, uns danach die Daten genau anzusehen und dann zu entscheiden, ob es sinnvoll ist, diese Funktion weiterhin zu nutzen. Die Resultate unseres Experiments werden wir nach Ablauf der Testphase veröffentlichen.
Sie können Facebook, sowie viele weitere soziale Netzwerke ganz einfach über Hootsuite verwalten. Testen Sie jetzt kostenlos unsere Pro-Version.
Dieser Artikel stammt ursprünglich von Kendall Walters und wurde unter dem Titel „Why we’re trying Facebook Instant Articles“ auf unserem Global Blog veröffentlicht.