Warum die sozialen Medien für die politische Kommunikation in Deutschland eine große Chance bieten
Es ist nicht zu bestreiten, dass wir in einem Kommunikationszeitalter leben. Egal, ob mit dem Smartphone, dem PC, dem Tablet oder dem Notebook – in unserer vernetzten Welt ist fast jeder von uns pausenlos erreichbar, schreibt „Messages“ oder surft in den fast unendlichen Weiten des Internets. Viele Firmen, Organisationen und Institutionen profitieren bereits weltweit von den neuen Kommunikationsmöglichkeiten im Marketing, im Vertrieb oder dem Kundensupport.
Und auch die Politik hat mehr oder weniger die modernen Kommunikationsmöglichkeiten für sich entdeckt. So nutzen viele Politiker in Deutschland bereits digitale Kanäle, wie beispielsweise Social Media, für ihre politische Kommunikation. Man hat jedoch manchmal den Eindruck, dass gerade im internationalen Vergleich – beispielsweise mit den USA – das volle Potenzial der sozialen Medien hierzulande noch nicht für die politische Kommunikation genutzt wird. Im Folgenden möchte ich deshalb vier exemplarische Argumente für den Einsatz von Social Media in der politischen Kommunikation näher beleuchten.
1. Die Mobilisierung junger Wähler
Social Media ist einer der wichtigsten digitalen Kanäle, mit dem man vor allem Jungwähler im Wahlkampf erreichen kann. Fest steht: gerade die „Jugend“ ist in den sozialen Netzwerken vertreten, was eine zielgruppengenaue Kommunikation ermöglicht. Die eigentliche Herausforderung liegt darin, Politik so aufzubereiten, dass sich das jüngere Publikum auch angesprochen fühlt. Die Vermittlung von politischen Inhalten über Social Media muss deshalb attraktiv gestaltet werden und sich an den Regeln des Infotainments orientieren, was auch für die verwendete Sprache gilt: Amtsdeutsch ist ein „no go“. In direktem Zusammenhang steht auch die Überwindung von Politikverdrossenheit bei jungen Erwachsenen. Es wird immer wieder postuliert, dass sich diese nicht für Politik interessieren würden. Doch oftmals liegt das gar nicht an der Zielgruppe selber, sondern an der Art und Weise, wie und auf welchen Kanälen Politik nach außen kommuniziert. Die sozialen Medien können aufgrund ihrer Nutzerdemografie und den technischen Möglichkeiten dazu beitragen, das Image zu verbessern und Politik als modern, offen und volksnah zu präsentieren.
2. Zwei-Wege-Kommunikation und die „Digitale Demokratie”
Doch auch die besten Inhalte bringen nichts, wenn nicht ein weiterer großer Vorteil von „Social” beachtet wird: die Interaktion bzw. Zwei-Wege-Kommunikation mit Followern und Zielgruppen. In der Politik sollte dies vor allem für die externe Kommunikation von Politikern und Parteien im Wahlkampf gelten, aber natürlich auch innerhalb einer Legislaturperiode. Während klassische PR-Instrumente, wie Pressearbeit, Sponsoring oder Publikumsveranstaltungen, nur eine begrenzte direkte Kommunikation mit den Zielgruppen erlauben, kann über Social Media nahezu in Echtzeit interagiert werden. Mehrere Millionen Menschen können – begrenzt auf ein einziges Web-Angebot – erreicht werden.
Auch der demokratische Gedanke an sich lässt sich so in eine neue Dimension führen. Experten nennen dies die „Digitale Demokratie“. Das bedeutet unter anderem, dass der Nutzer durch Kommunikation und Interaktion mit dem politischen Repräsentanten einen direkten Einfluss ausüben kann. Bezogen auf Deutschland hieße dies beispielsweise, dass ein Bundestagsabgeordneter seine Fragerunden mit den Bürgern seines Wahlkreises auf Twitter verlegt. Oder sein Team grundsätzlich zur Beantwortung von Fragen auf den einzelnen Social Media-Profilen zur Verfügung steht. Für die Demokratie, per Definition „Die Herrschaft des Staatsvolkes“, kann das so schlecht nicht sein. Zudem stützt dies den Trend zum permanenten Wahlkampf.
3.Social Media-Interaktion mit dem Wähler
Selbstverständlich hat eine intensivierte Kommunikation mit dem Wähler auch psychologische Vorteile. Zur Untermauerung dieser These bedarf es keiner wissenschaftlichen Studie. Jeder, der einmal einen Kommentar unter einem YouTube-Video gepostet oder sich an einer Diskussion auf Facebook beteiligt hat, weiß: Wenn der jeweilige Profilinhaber reagiert, fühlt man sich wahrgenommen. Und genau das könnten sich Politiker und Parteien (nicht nur) im Wahlkampf zu eigen machen: durch Interaktion beim Wähler eine beidseitige Akzeptanz zu erzeugen. Reaktionen wie „Der Politiker XY hat mir direkt auf Facebook geantwortet! Super! Den wähle ich”, wären dann wohl keine Seltenheit. Beispielhaft in diesem Zusammenhang ist Barack Obamas Twitter-Account. Der US-Präsident folgt hier ca. 637.000 Twitter-Nutzern zurück.
4. Eigenes Themensetting in den sozialen Medien
Natürlich kann Social Media auch die eigene Presse- und Medienarbeit unterstützen. So ist es beispielsweise möglich, an redaktionellen Schranken vorbei, eigene Themenschwerpunkte zu setzen. Politiker wären nicht mehr davon abhängig, ob eine Redaktion ihr spezielles Thema als berichtenswert einordnet. Wie viel Potenzial diese Social Media-Nachrichten „in eigener Sache” haben, zeigen beispielsweise die vielen erfolgreichen YouTuber, die durch eigenes Themensetting wie „Let’s Play”-Kanäle oder persönliche Modetipps oftmals ein Millionenpublikum erreichen. Virale Aktionen wie die „Ice Bucket Challenge“ im Sommer 2014 sind ebenfalls ein gutes Beispiel.
Wohin der Weg die Politik in den kommenden Jahren führt, bleibt abzuwarten. Eines scheint jedoch gewiss: Ohne die Anpassung an digitale Strukturen und Regeln werden in absehbarer Zeit wohl keine Wahlen mehr gewonnen.