Wir leben in kommunikativen Zeiten. Online-Nutzer sind dank Internet bestens unterrichtet und dank Facebook & Co. in der Lage, die Reputation von Unternehmen binnen Stunden zu schädigen. Organisationen, die sich in der Krise befinden, können Aktionen und Reaktionen von Dritten kaum kontrollieren, aber ein effektives Krisenmanagement hilft dabei Image-Verluste zu mindern und kann kleine Krisen manchmal gleich im Keim ersticken.
Eine Krise ist eine Krise ist eine Krise? Ihr Kreuzfahrt-Kapitän muss sein Schiff ja nicht gleich auf einen Felsen steuern, wie der Kapitän der Costa Concordia. Und Dimensionen wie bei BPs Deep Horizon bleiben Ihnen hoffentlich ganz erspart. Doch wiegen Sie sich deshalb nicht in Sicherheit. Im Online-Zeitalter reicht eine gehackte oder gekaperte Unternehmens-Website, um Sie in die Bredouille zu bringen. Laut Bitkom wurde jedes zweite Unternehmen in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren Opfer von digitaler Wirtschaftsspionage, Sabotage oder Datendiebstahl. Selbst ein einziger Tweet kann katastrophale Folgen haben, wie der Fall von Justine Sacco zeigte, die zwar aufgrund ihres unüberlegten rassistischen Tweets von ihrem Arbeitgeber sofort entlassen wurde, aber als Mensch im Social Web zur Strecke gebracht wurde.
Gerade die sozialen Medien sind ein mächtiges Kommunikationsinstrument. Jedes große Ereignis und jede Schlagzeile werden durch Berichte in den Social Networks und öffentliche Meinungsäußerungen verstärkt und beeinflusst. Social Media ist aufgrund seiner breiten Reichweite und ‘nicht-vernetzter’ Natur ein äußerst effektiver News-Kanal.
Bei einer Krise wirken die sozialen Medien geradezu als Brandbeschleuniger, weil sie Gerüchte fördern, nicht fundierte Informationen weitertreiben und so dazu beitragen, dass sich auch kleinere Probleme schnell zu veritablen Großkrisen entwickeln können. Unternehmen und Marken, die eine große Krise bewältigen müssen, sind jeden Monat in den Medien. Social Media spielt dabei eine Hauptrolle. Aus diesem Grund sollte jeder Social Media-Manager einen Krisenplan in der Tasche haben. Die gute Nachricht: Krisenkommunikation ist keine Hexerei. Erfahren Sie hier, wie Sie das heiße Eisen anpacken, damit Ihr Unternehmen unbeschadet durch die Krise kommt.
Vorbereiten – Identifizieren – Handeln
Bereiten Sie sich auf Krisen vor
Schritt 1: Planen
Entwickeln Sie einen unternehmensübergreifenden Krisenplan, der auch von Ihrem Management, Ihrem PR-Team, Ihrem Marken-Team und Ihrer Rechtsabteilung abgesegnet wird. Wenn bereits ein Plan existiert, sorgen Sie dafür, dass Ihr Social Media-Team diesen kennt – und zwar auch der Praktikant. Denn eines ist klar: Ein guter Krisenplan ist nur dann nützlich, wenn alle im Unternehmen darüber Bescheid wissen. Selbstverständlich sollten die für die Krisenkommunikation in den sozialen Kanälen verantwortlichen Mitarbeiter absolut vertrauenswürdig sein. Oft sind sie die ersten, die eine Krise überhaupt wahrnehmen, weil sie alle Markenerwähnungen stets auf dem Radar haben. Sie müssen wissen, an wen potenzielle Krisen zuerst zu eskalieren sind.
Bestimmen Sie einen Krisenmanager, bei dem die Fäden zusammenlaufen, und der bei Abwesenheit eine ebenfalls festgelegte Vertretung hat. Unternehmen, die in unterschiedlichen Zeitzonen aktiv sind, sollten Ihr Krisenteam breiter aufstellen, damit eine Krise in New York behandelt wird, wenn sie auftritt (und nicht erst dann, wenn das Management in Hamburg aus dem Bett kommt). Legen Sie in Ihrem Plan fest, wer geweckt werden muss und wann das nach Ernst der Lage erforderlich ist – manchmal ist es der IT-Security-Experte, manchmal der Marketing-Chef.
Kanäle
Im Krisenfall muss klar sein, welche externen Kommunikationskanäle genutzt werden. Identifizieren Sie diese Kanäle vorab, verdeutlichen Sie sich und allen Beteiligten, wer die Kommunikation entwickelt, wer sie genehmigt, wer postet und veröffentlicht und in welchem zeitlichen Rahmen das zu geschehen hat. Ziehen Sie Social Media-Kanäle, Presse-Statements, Blog-Posts und Video-Botschaften des Managements in Betracht. Sie sollten wissen, wie Sie handeln, um schnelle Antworten zu ermöglichen.
Sicherheit und Compliance
Wenn Ihre Marke Schwachstellen hat, lohnt es sich in Sicherheits- und Compliance-Technologien zu investieren. Auditieren Sie Ihre Social Media-Assets, sorgen Sie für Passwortsicherheit und setzen Sie automatisierte Moderations-Technologien ein, um Obszönitäten oder beleidigende Schlagwörter aus Kommentaren zu entfernen. Schützen Sie Ihre Organisation vor Bedrohungen – von Spam über Malware und Hacking bis zum Fehlverhalten von Mitarbeitern.
Training
Ob Marketing, Vertrieb oder Kundenkontakt: schulen Sie alle Mitarbeiter grundsätzlich bezüglich Markentonalität und Kunden-Service-Richtlinien. Ein aufgezeichnetes Webinar für neue Mitarbeiter und ein lustiger Hingucker auf dem Schreibtisch mit zu verinnerlichenden Botschaften sollte ausreichen, damit Ihre Mitarbeiter in einer Stimme kommunizieren. Sorgen Sie dafür, dass alle Mitarbeiter unabhängig von ihrer Position die Social Media-Richtlinien des Unternehmens kennen und verstehen. Machen Sie Ihrer Belegschaft klar, wie schnell sich Nachrichten verbreiten und bringen Sie ihnen bei wie sie sich online zu verhalten haben. Aber vermeiden Sie reine Panikmache. Social Media ist ein mächtiger Kanal zur Verstärkung von Markenbotschaften – und Sie möchten Ihre Mitarbeiter ja nicht davon abschrecken, sich für Ihr Unternehmen in den sozialen Medien zu engagieren.
Krisensimulation
Viele Unternehmen veranstalten zwei Mal im Jahr Krisensimulationen, die bei der Vorbereitung auf den Ernstfall helfen. Identifizieren Sie die drei wesentlichen Krisentypen für Ihr Business und üben Sie die dafür festgelegten Abläufe regelmäßig.
Typische Probleme, die zu PR-Krisen führen können:
- Störfälle (z.B. Technologieprobleme, Kundenbeschwerden, aber auch Worst-Case-Szenarien wie massiver Datendiebstahl)
- Mitarbeiter bedingte Probleme (z.B. fehlerhafte oder Falschaussagen in den sozialen Medien, unangemessener Umgang mit Kunden, Verbreitung vertraulicher Informationen)
- Konkurrenz bedingte Probleme (z.B. Falschaussagen, üble Nachrede)
- Branchen bezogene Probleme (z.B. produktionsbedingt (Kinderarbeit), Lieferprobleme, mangelhafte/fehlerhafte Produktbeschreibungen)
Identifizieren
Wie identifiziert man eine Krise? Wie schon gesagt, ist es oft das Social Media-Team, das zuerst auf ein Problem aufmerksam wird. Sorgen Sie deshalb dafür, dass dieses Team weiß, wie eine Krise für Ihre Organisation konkret aussieht. Fragen Sie Ihren PR-Beauftragten, IT-Manager oder Marketing-Chef, was sie/er unter einer Krise versteht. Sie könnten unterschiedlicher Meinung sein. Dokumentieren Sie einige Szenarien und bitten Sie Ihr PR-Team festzulegen, welche eskaliert und welche nach den gängigen Kunden-Service-Richtlinien (oder AGBs) behandelt werden sollten.
Die beste Möglichkeit, Anomalien im täglichen Social Media-Leben aufzuspüren, führt über den Einsatz von Social Listening-Tools. Halten Sie Ausschau nach Spitzen, die über das gewohnte Volumen und den Ort von Markenerwähnungen und Schlagwörtern hinaus schießen. Mit einer systematischen täglichen Routinesuche nach negativen Stimmungen oder Worten können Sie Krisen schnell entdecken. Viele Tools erlauben das Einrichten von automatisierten Reports, die Veränderungen schnell sichtbar machen.
Denken Sie immer daran, dass Social Media keine One-Man-Show ist. Beziehen Sie die PR und Ihre Marken- und Kunden-Service-Teams ein, um deren Meinung zu einer möglichen Krise zu verstehen.
Handeln
Die Krise ist da. Jetzt müssen Sie handeln.
Nutzen Sie eine schwarze (oder dunkle) Website
Bereiten Sie eine schwarze Website vor, die Sie im Krisenfall freischalten. Auf dieser Site können Sie kommunizieren und Updates veröffentlichen, auch wenn Ihre eigentliche Unternehmens-Website down ist. Die Krisen-Seite sollte von Ihrer PR- und Ihrer IT-Abteilung vorbereitet werden und wesentliche Informationen sowie Links zu den Social Media-Kanälen Ihres Unternehmens enthalten. Nutzen Sie sie als Informations-Hub während der Krise und sorgen Sie für regelmäßige Updates zur Situation und Ihrem Krisenmanagement. Verwenden Sie WordPress oder ein anderes einfach zu bedienendes Content-Management-System für Ihre Krisen-Site und stellen Sie sicher, dass diese mobil-optimiert ist, damit sie auch per Smartphone aktualisiert werden kann.
Veröffentlichen Sie umgehend eine erste Stellungnahme
In einer ersten Stellungnahme erklären Sie, dass die Organisation sich der Situation bewusst ist und diese prüft. Nennen Sie einen zeitlichen Rahmen, in dem weitere Neuigkeiten und Informationen veröffentlicht werden, und weisen Sie darauf hin, wo Updates gepostet werden. Im Social Media-Zeitalter ist es unerlässlich, dass diese erste Stellungnahme so schnell wie möglich veröffentlicht wird – idealer Weise innerhalb von 15-30 Minuten, nachdem das Unternehmen die Krise erkannt hat. Diese erste öffentliche Antwort auf eine Online-Krise sollte dort veröffentlicht werden, wo die Krise zuerst aufgetreten ist (Twitter, Facebook, YouTube, etc.). Dann sollte sie umgehend auf allen anderen relevanten Social Media- und traditionellen Kommunikationskanälen verbreitet werden. Denken Sie bei Ihrer Krisenkommunikation auch an die Sprache: Kommunizieren Sie im Krisenfall auf Englisch? Oder müssen Sie Ihre Zielgruppen auch in anderen Sprachen ansprechen?
Viele Unternehmen verfolgen eine ‘Mitarbeiter zuerst’-Politik und kommunizieren Krisen sehr schnell intern. In der Welt der sozialen Medien ist es deshalb wichtig, dass alle Mitarbeiter auf die selbe Botschaft geeicht werden, damit es nicht zu versehentlichen Kommunikationsstörfällen kommt. Denken Sie auch über Plakate oder Sprecher aus dem Unternehmen für Menschen, die nicht online sind, nach. Alle Maßnahmen können auf die vorbereitete schwarze Seite verweisen und so eine konsistente Kommunikation sicherstellen.
Kommunikation
Auch die beste Vorbereitung reicht nicht, wenn die Kommunikation nicht mit den richtigen Inhalten im richtigen Ton und zum richtigen Zeitpunkt ausgerüstet wird. Um das Vertrauen wieder aufzubauen, seien Sie transparent, konsistent und aufrichtig. Kümmern Sie sich im Krisenfall zuerst um die davon Betroffenen. Übernehmen Sie Verantwortung. Obwohl Anwälte in jedem Krisenteam eine wesentliche Rolle spielen, sollte jede Kommunikation in einfach verständlicher Sprache erfolgen. Entschuldigungen sind wichtig und sie sollten ehrlich sein.
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