Dieser Beitrag erschien zuerst bei Fast Company.
Heutzutage findet man kaum jemanden, der nicht in den sozialen Medien unterwegs ist – es sei denn, dieser Jemand ist der Chef eines „Fortune 500“-Unternehmens. Jedoch ist Social Media für Manager – auch für Top-Manager – von großer Bedeutung und sollte nicht vernachlässigt werden.
Laut einer neuen Studie von CEO.com betrachtet die Führungsriege der einflussreichsten Unternehmen der Welt Social Media immer noch als Störung, wenn nicht sogar als regelrechte Belastung. Ganze 61 Prozent haben nicht einmal eine Social Media-Präsenz. Und die, die auf Twitter, Facebook oder anderen Netzwerken vertreten sind, beteiligen sich äußerst selten an Konversationen.
Bei den Kunden weist der Trend in die genau entgegengesetzte Richtung. Weltweit sind heute mehr als zwei Milliarden Menschen in den sozialen Medien aktiv. Der durchschnittliche Nutzer verbringt knapp zwei Stunden täglich auf den diversen Social Media-Plattformen. Studien zeigen, dass die Millenials eher YouTube schauen als Fernsehen und dass in den USA und Großbritannien drei von vier Konsumenten angeben, Social Media würde ihre Kaufentscheidungen beeinflussen. In Deutschland ist es immerhin rund die Hälfte aller Verbraucher. Und es steht außer Frage, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird, wenn mehr neue Social Media-Strukturen entstehen.
Was die Frage an die Bosse aufwirft: Eure Kunden sind auf Social Media – solltet Ihr dann nicht ebenfalls dort sein?
„Ich bin ja nicht die Marketing-Abteilung meiner Firma!“
Zugegeben ist Veränderung, speziell auf der obersten Führungsebene, nicht gerade einfach. Für viele Führungskräfte ist Zeit – oder eher ein Fehlen derselben – das größte Hindernis für die Social Media-Nutzung. Zusätzlich argumentieren viele CEOs auch einfach damit, dass sie ja schon genug Marketingleute und Social Media-Strategen beschäftigen würden, die sich mit Begeisterung und Können um diesen Bereich des Unternehmens kümmern. Warum also sollten sie sich selbst ins Getümmel stürzen?
Verstärkt wird das noch durch die Frage nach dem Verhältnis von Aufwand und Nutzen: Die Wahrnehmung von Twitter und Facebook als Plattform für Frühstücksfotos anstatt „richtiger“ Geschäfte hält sich hartnäckig. Und schließlich ist da noch die sehr reale Angst vor einer Blamage. Die diversen Ausrutscher der Führungskräfte, vom unscharfen Super-Bowl-Foto von Tim Cook bis zu Marc Andreessens jüngsten Anmerkungen zu den Facebook-Plänen in Indien, waren und sind Gegenstand von Internet-Häme.
Die andere Seite der Medaille wird dagegen kaum erwähnt: Die Vorteile, die jenen Top-Managern entstehen, die Social Media klug nutzen, auch wenn sie nicht permanent posten. Richtig genutzt können soziale Medien Management-Produktivitäts-Tools, ein weltweiter Übertragungskanal, eine Informationsquelle über Kunden und Konkurrenz sowie ein PR-Hilfsmittel sein. Sicherlich wird meine Sichtweise von der Tatsache, dass ich ein Social Media-Management Unternehmen leite, beeinflusst. Trotzdem bin ich mit mehreren Hundert Mitarbeitern und über 12 Millionen Nutzern genauso beschäftigt wie jeder andere CEO und habe auch mit denselben Herausforderungen bezüglich Zeit und Ressourcen zu kämpfen. Hier kommt mein persönlicher Blick auf die Bedeutung von Social Media für CEOs – sozusagen von vorderster Front.
Treffen Sie Ihre Kunden in Echtzeit
Ich scrolle jeden Morgen durch den von mir eingerichteten Twitter-Feed, damit ich alle @Erwähnungen meiner Firma Hootsuite beobachten kann. An einem ganz normalen Morgen lese ich hier direkt und ungefiltert jede Menge Kommentare der Nutzer darüber, was wir richtig und natürlich auch, was wir falsch machen: Anfragen nach neuen Features, Beschwerden über einen eigenartigen Bug, Produkt-Support-Fragen und auch das gelegentliche Lob für gute Arbeit.
Das scheint nun nicht gerade weltbewegend zu sein, aber früher brauchte es für diese Art von Erkenntnissen spezielle Fokusgruppen und Analysen. Über die sozialen Medien haben Top-Manager heute eine direkt Verbindung zu dem, was ihre Kunden sagen und tun – und zwar in Echtzeit und ohne Veränderungen durch Pressesprecher oder das mittlere Management. Nur eine Minute durch den Twitter-Stream scrollen und schon habe ich den Finger am Puls unserer Kunden.
Vertrauen nach innen und außen aufbauen
Die Zeiten, in denen sich CEOs unnahbar und im Hintergrund aufhielten und keinerlei Kontakt zu Normalsterblichen pflegten, sind vorbei. Heute muss eine Marke ein echtes, menschliches Gesicht zeigen können, will sie das Vertrauen der Kunden gewinnen und ein gutes Verhältnis mit den Mitarbeitern aufbauen. Social Media ist auch für den Firmenchef eine der besten Möglichkeiten, dies effizient und skalierbar zu tun.
John Legere, CEO von T-Mobile, hat genau das geschafft. Er weiß ganz genau, wie er in den sozialen Medien mit wenig Aufwand eine große Wirkung erzielt. Als 2013 ein Twitter-Nutzer den neuen Datentarif von T-Mobile lobte (und gleichzeitig bedauerte, noch an den Vertrag mit AT&T gebunden zu sein) meldete sich Legere taktisch geschickt zu Wort:
@TMobile @ATT @RamblingRooney @RamblingRooney bet @ATT’s CEO isn’t going to join the convo. Come join the #WirelessRevolution! #Uncarrier
— John Legere (@JohnLegere) November 27, 2013
Mit weniger als 140 Zeichen zeigte Legere seinen Kunden, dass ein Mensch an der Spitze des Unternehmens steht und sich um ihre Belange kümmert. Diese Twitter-Unterhaltung wurde von Dutzenden Nachrichtenmagazinen als Zeichen für den fortschrittlichen Führungsstil bei T-Mobile aufgegriffen.
Die positive Wirkung zeigt sich aber auch nach innen. Laut einer Studie von Weber Shandwick und KRC Research beurteilen fast 70 Prozent der höher qualifizierten Fachkräfte ein Unternehmen als attraktiveren Arbeitgeber, wenn der Chef in den sozialen Medien aktiv ist. Soziale Medien sind eine Möglichkeit, die Kommunikationskanäle zu den Mitarbeitern offen zu halten und gleichzeitig die Unternehmenshierarchien zu verflachen, die normalerweise den Austausch zwischen Chefetage und einfachen Angestellten verhindern.
Und nochmal: das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen ist hier mehr als positiv. Ganz ohne ein Meeting einzuberufen oder eine Präsentation zu halten, können Sie direkten Kontakt mit Ihrem Team aufnehmen.
Kommunizieren Sie mit der ganzen Welt – nach Ihrem Terminplan
Ja, natürlich ist Social Media ein Tool für vertrauliche Gespräche unter vier Augen. Aber auch eine unbegrenzt skalierbare Plattform, um mit Ihren Nachrichten ein Massenpublikum zu erreichen. Sie wollen die Begeisterung über ein neues Produkt mit der ganzen Welt teilen? Ein schneller Beitrag auf Facebook lässt eine Standard-Pressemitteilung im Vergleich alt aussehen. Und wenn diese Meldungen auf dem Account des CEO veröffentlicht werden, verleiht ihnen das noch zusätzlich Bedeutung – wodurch sich die Nachricht noch weiter verbreitet.
Ein typisches Beispiel: In der extremen Wachstumsphase meiner Firma stellten wir mehrere hundert Leute pro Jahr ein, was mit entsprechenden Herausforderungen für das Recruiting verbunden war. Weswegen wir Social Media einsetzten. Mit dem Hashtag #HootHire verbreiteten wir die Nachricht von unserer bevorstehenden Inhouse-Recruiting-Messe auf Facebook, Twitter, Instagram und LinkedIn. Dafür benutzten wir meine persönlichen Konten genauso wie die offiziellen Hootsuite-Accounts. Die Neuigkeiten verbreiteten sich wie ein Lauffeuer, und schließlich standen tausende potenzielle Kandidaten vor unserer Tür – wie beabsichtigt genau die Art technik- und Social Media-affiner Bewerber, nach denen wir Ausschau hielten.
Als letzter, aber wohl größter, Motivationsfaktor dafür, als CEO in Social Media aktiv zu sein, sei schlichte Notwendigkeit genannt. Soziale Medien stehen nicht nur für eine technische, sondern auch eine kulturelle Veränderung, die längst in der Arbeitswelt angekommen ist. Und Social Media wird seinen Einfluss in dieser zukünftig noch weiter vergrößern. Forscher des McKinsey Instituts schätzen, dass jene Unternehmen, die in den kommenden Jahren Social Media-Technologien sinnvoll einsetzen lernen (nicht nur als Marketing-Tool, sondern auch für den Vertrieb, den Kundenservice und die interne Kommunikation), 1,3 Billionen Dollar an zusätzlicher Wertschöpfung generieren könnten. Letztendlich wird es also für einen Top-Manager sehr schwierig sein, diese Transformation zu steuern, ohne sich auf irgendeine Art mit Social Media auseinander gesetzt zu haben – idealerweise persönlich.
Zu den auch weiterhin vorhandenen Bedenken betreffend Zeitaufwand und Sicherheit in den sozialen Medien kann ich Ihnen versichern: Die Technik hat aufgeholt. Es gibt jede Menge Tools da draußen, unter anderem unseres, die speziell für Unternehmen gemacht wurden. Immer besser entwickelte Filter trennen Wichtiges von Unwichtigem und identifizieren punktgenau die relevanten Konversationen – und zwar schon während sich diese entwickeln. Mit Teamfunktionen können Nachrichten entweder Mitarbeitern zur Nachverfolgung zugeordnet oder zur Freigabe in eine Warteschleife eingereiht werden. Analytics-Tools zeigen Reichweite und Wirkung der veröffentlichten Posts an, während Compliance-Tools problematische Beiträge automatisch herausfiltern.
An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass US-Präsident Barack Obama letztes Jahr den allerersten Präsidenten-Account auf Twitter startete. Wenn der oberste Befehlshaber der USA beschließen kann, Social Media Priorität einzuräumen und das trotz aller Sicherheitsrisiken und zeitlicher Engpässe seiner Funktion in die Tat umsetzt, sollten vielleicht auch CEOs nochmals darüber nachdenken.
Wenn Sie wissen möchten, welche 100 CEOs in den sozialen Medien brillieren: hier geht’s zur aktuellen Liste.
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